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Blick auf das ehemalige Chemiewerk

Einzigartige Monumente der Industriekultur 

von Detlef Forker – Mitglied der Rüdersdorfer Heimatfreunde e.V.

 

Von der Beschickungsebene der Schachtofenbatterie hat man einen herrlichen Blick auf das ehemalige Chemiewerk. Das ehemals sumpfige Tal nordwestlich des Rüdersdorfer Kalkberges wurde im Verlaufe der letzten drei Jahrhunderte des Kalksteinabbaus systematisch mit für die damalige Zeit unbrauchbarem Kalkstein aufgefüllt. Auf diesem Baugrund begann um 1900 die Geschichte des Zementwerkes von C.O. Wegener, dem auch Tongruben und Ziegeleien in der Nähe gehörten.

Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges 1939 übernahm die Preussag den Betrieb, um hier unter Nutzung vorhandener Betriebseinrichtungen, wie z.B. Zementöfen, eine komplette neue Technologie zur Erzeugung synthetischen Bauxits für die kriegswichtige Aluminium-Produktion einzuführen. Etwa 95 Prozent der jetzt noch stehenden Bausubstanz stammt aus den Jahren 1940 bis 1942 und sind damit im Original erhalten. Bis Kriegsende wurden etwa 3.400 Tonnen Bauxit hergestellt. Aufgrund der neuesten technischen Ausstattung geriet die Produktionsstätte schon sofort nach der Eroberung des Standorts in den Fokus der Demontagebestrebungen der sowjetischen Besatzung. Die Betriebsstätte wurde komplett ausgeräumt, selbst Türen, Fenster und Dachrinnen wurden in die UdSSR verfrachtet. Das Gebäude selbst befand sich jedoch weiterhin in einem guten Zustand. 

 

Die Sowjetische Militäradministration (SMAD) veranlasste per Befehl am 25.08.1949 eine Wiedereinrichtung des leerstehenden Werkes mit dem Ziel, in den Hallen eine dauerhafte Düngemittelproduktion zu installieren. Das Glühphosphatwerk war damit beschlossen. Auf Grundlage der Mineralgruppen Kola-Apatit und Kieserit wurde nach erfolgtem Produktionsstart im Drehrohrofen ein Magnesiumphosphat hergestellt. 1959 betrug die Jahresproduktion 21.000 Tonnen. Mit derselben Technologie wurde ab 1972 versucht, ein Calcium-Natrium-Phosphat für die industrielle Tierhaltung in der DDR zu erzeugen, was aber wegen der kurzen Drehrohröfen nicht zufriedenstellend gelang. Deshalb wurden große Summen investiert und mit zwei einhundert Meter langen Drehrohröfen nebst den Einrichtungen zur Abgasreinigung, Vermahlung und zum Versand eine zu rund achtzig Prozent neue Verfahrensweise entwickelt, die dem VEB Chemiewerk Coswig, Betriebsteil Rüdersdorf zugeschrieben wird.

 

Das nun erzeugte, hochwertige Futterphosphat wurde europaweit unter dem Namen RÜKANA vertrieben. 1988 lag der Produktionsausstoß bei 180.000 Tonnen. Mit nur einer Ofenanlage und drastisch verringertem Personalbestand wurde nach der Wende noch bis 1999 weiter produziert. Dann ging die Rüdersdorfer Futterphosphat GmbH in die Insolvenz. Nach Ausschlachtung der Insolvenzmasse diente seit dem Jahr 2000 die architektonisch besonders wertvolle Anlage als Drehort für diverse Filme wie z. B. Kriegsfilme und Action-Produktionen. Besonders bemerkenswert waren: ›Enemy at the Gates‹ und ›The Monuments Men‹. Die Musikband ›Rammstein‹ inszenierte hier ihre Mondlandung für das Video des Songs ›Amerika‹. Mittlerweile ist das Areal verkauft, ohne jedoch final beplant zu sein (Stand 2022). Als Hintergrund bildet es eine perfekte Kulisse für die Schachtofenbatterie im Museumspark Rüdersdorf. 

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